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Holz- und Kunststoffindustrie in Baden-Württemberg

Holz- und Kunststoffindustrie in Baden-Württemberg: Gewerkschaftliche Strategien für Branchenpolitik, Bildungsarbeit, Betriebssteuerung

Projektlaufzeit:

Projektstatus

Gefördert von IG Metall Bezirk Stgt (Auftraggeberin)

Projektteam Jürgen Dispan (Leitung)

Eine wirksame gewerkschaftliche Branchenpolitik setzt genaue Kenntnisse über die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse einer Branche und über den branchenspezifischen Wandel der betrieblichen Organisationsformen und Strukturen voraus. Dazu gehören ein detailliertes Wissen und aktuelle Einblicke in Umfang, Strukturen, betriebliche Charakteristika und Entwicklungstrends einer Branche. Solche Kenntnisse sind nur durch die Integration von Informationen unterschiedlicher Herkunft zu erlangen, z. B. von Wirtschaftsdaten, Firmenporträts/Unternehmensinfos, Berichte über Arbeitsbedingungen und Konflikte auf Arbeitsplatzebene, Tarif- und Betriebsrätestruktur usw. Unabdingbar für gewerkschaftliche Branchenpolitik sind aus den Kenntnissen und aus Diskussionen mit den relevanten Akteuren abgeleitete Perspektiven einer aus Beschäftigtensicht gewünschten Branchenentwicklung und eine daraus abgeleitete Konzeption zur Beeinflussung der Entwicklung auf den verschiedenen gewerkschaftlichen Politikebenen.

Die ersten Gespräche und eine Interpretation der vorliegenden Daten liefert folgende Einschätzungen. Eine erhebliche Differenz zum Industriedurchschnitt zeigt sich beim Entgelt in der Holz- und Kunststoffindustrie. Die Ursachen für das geringere Entgelt liegen laut Aussagen aus der letzten Bezirks-Branchenausschusssitzung nicht in den Lohngruppen begründet, sondern am Rückgang des gewerkschaftlichen Einflusses in den Betrieben z. B. hinsichtlich korrekter Eingruppierung. Gleichzeitig sind Beschäftigte in vielen Betrieben ohne Ausgleiche vom Akkord- in den Zeitlohn gewechselt.

Defizite aus Sicht der Betriebs- und Mitbestimmungspolitik zeigen sich z. B. daran, dass es trotz beachtlicher Betriebsgrößen in Teilbranchen nur sehr wenig Wirtschaftsausschüsse gibt. Die gewerkschaftliche Anleitung ist im Grunde auf die aktiven Träger der Tarifrunden (und dabei zunehmend von Haustarifverträgen) begrenzt. Bezogen auf die Bildungsarbeit gibt es kaum regionale, branchenbezogene und auf die spezifischen Belange von Betriebsräten kleiner und mittlerer Unternehmen zugeschnittene Angebote; die zentralen, branchenorientierten H&K-Schulungsangebote; werden aber fast ausschließlich von "bewussten" Funktionäre genutzt. Aus organisationspolitischer Sicht zeigen sich zunehmend Probleme mit den Betriebsgrößenstrukturen im Zusammenhang mit der Freistellung von Betriebsräten. Ferner besteht bei vielen Betrieben "auf dem flachen Land" eine schlechte Erreichbarkeit. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sich durch die Integration der GHK in die IG Metall der Gebietszuschnitt und die personellen Zuständigkeiten in den Verwaltungsstellen geändert haben, was die Betreuungssituation der Betriebe nicht erleichtert hat. Nach der ersten Sichtung der Daten gibt es im gesamten Holz- und Kunststoffbereich Mitgliederpotenziale für die IG Metall, insbesondere werden jedoch in der kunststoffverarbeitenden Industrie Potenziale für Mitgliedergewinnung gesehen.

Verknüpfung der (teilweise schon als Vorarbeit erbrachten) Analyse mit einem strategisch angelegten Politikkonzept und damit Schaffung von Grundlagen für die Erarbeitung eines Programms für die gewerkschaftliche Branchenarbeit (bzw. von Perspektiven der Branchenarbeit) in der Holz- und Kunststoffindustrie Baden-Württembergs.

Ziel ist es, einen Branchenreport zur regionalen Holz- und unststoffindustrie als Basis einer integrierten Strategiebildung und Politikentwicklung zu erstellen. Daher werden - im Erarbeitungsprozess vordiskutierte - Handlungsempfehlungen in mindes-tens drei Richtungen konzipiert und konkretisiert:
a) Konzept zur Unterstützung der Arbeit von Branchenausschüssen auf Verwaltungsstellen- bzw. Regionsebene (überbetrieblicher Ansatz)
b) Gewinnung und Stabilisierung von Betriebsräten: Konzept zur Unterstützung der Betriebsbetreuung, der Anleitung von Betriebsräten und der Mitgliedergewinnung in den Betrieben (betrieblicher Ansatz)
c) Branchenbezogene gewerkschaftliche Bildungsarbeit in der Holz- und Kunststoffindustrie (bildungspolitischer Ansatz)

Im Ergebnis werden die Grundlagen für ein strategisches Gesamtkonzept für den IG Metall Bezirk Baden-Württemberg erarbeitet, mit einem Fokus auf die Schnittstellen zwischen Bezirk und Verwaltungsstellen. Impulse und Vorschläge für die Verwaltungsstellen können dabei z. B. in die Richtung gehen, dass verwaltungsstellenübergreifende Initiativen für Branchenarbeit und die Vernetzung von Betriebsräten insbesondere in solchen Regionen gestartet werden, in denen Betriebe der Holz- und Kunststoffindustrie unterrepräsentiert sind. Eine andere Möglichkeit für eine bessere Einbindung und einen besseren Austausch in der Branche könnte in der Mitarbeit von Kollegen in Branchenausschüssen benachbarter Verwaltungsstellen liegen, sofern in der eigenen Verwaltungsstelle keine spezifische Branchenarbeit möglich ist. Insgesamt ist davon auszugehen, dass konzeptionell verbesserte Betriebsbetreuung/-anleitung und Bildungsarbeit auch in Richtung Mitgliedergewinnung und Erhöhung des Organisationsgrades in den Betrieben Wirkung zeigt.